· 

Corona reflektiert

Kunst ist nicht systemrelevant

Ich nehme es nicht persönlich, nehme ich mir vor.

Als hätten wir es nicht immer schon geahnt. Es ist wie bei Brecht: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“. .. und noch viel später kommt die Kunst. In Zeiten von Corona wird es überdeutlich: Wir Künstler sind nicht systemrelevant.

Gut. 

Dann werde ich mal den Publizisten, den Redakteur in mir wiederbeleben und einen kritischen Blick auf den Umgang mit der Corona-Krise werfen:

  •  auf die politischen Entscheider, 
  • die Institutionen, 
  • die Medien, 
  • die Menschen. 

In der Hoffnung, vielleicht doch noch etwas Systemrelevantes beizutragen.

Also: back to the roots... ab jetzt übernimmt die investigative Journalistenseele das Ruder. Die Künstlerin schicke ich in den Dornröschenschlaf..


Vor 17 Tagen...

Corona hat geschafft, was ich seit Jahren zu vermeiden suchte: Ich bin jetzt bei Twitter.

Krass.

Ist das schon Ausdruck sozialer Vereinsamung?

Vielleicht, aber eigentlich war es nicht nur aus der Not, sondern vor allem aus der Wut geboren. Aus der Wut über "Frontal 21" und dessen Beitrag über das Virus. 

Die Wut wiederum war eigentlich Enttäuschung, denn ich war bis zu dieser Sendung ein großer Fan des ZDF-Formates.

Und dann das.

Die Redaktion hatte sich entschieden, Corona zu verharmlosen.

Dies wurde senderintern und formatübergreifend schon am Morgen beim Morgenmagazin in persona Dunja Hayali und Mitri Sirin vorbereitet. Stirnrunzelnd hatte ich verfolgt, wie sie versuchten, Corona als Hype darzustellen. 

Ich bin Redakteurin und keine Virologen, hatte aber Bio als 3. Abifach und mein Interesse an gesundheitlichen Themen nie verloren. Mein Gespür für Themen, deren Relevanz, Wahrheitsgehalt und Tendenz anscheinend auch nicht. Und deshalb war ich regelrecht schockiert, wie die Redakteure von Morgenmagazin und Frontal 21 so entscheidende Fehler machten. "Das wird euch auf die Füße fallen", dachte ich mir. Und ich war wütend über so viel Ignoranz. Und sie taten mir leid. Ich würde nicht in ihrer Haut stecken mögen, wenn sie ihren Irrtum erkannten.

Ich glaubte wirklich, sie würden erkennen und sich dafür entschuldigen. 

Manchmal wundere ich mich selbst immer noch über meine Naivität...

Erstmals wollte ich Kontakt zu diesen Kollegen aufnehmen, damit sie der Öffentlichkeit die Brisanz des Themas, das sie gerade herunterspielen wollten, klar machten.

Und daher suchte ich nach einer Kontaktmöglichkeit.

Ich fand keine, außer: Twitter.

Und so meldete ich mich wirklich an. 

Seither nutze ich Trumps Lieblingsmedium - welche Horrorvorstellung - beinahe täglich.

Denn meine Verzweiflung über die Informationspolitik wurde beinahe täglich größer.

Dem möchte, dem MUSS ich etwas entgegensetzen. Fragen stellen, auch unbequeme.

Wer Interesse hat: @Goldengrid1... oder hier im Zeitgeist-Blog


Das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Zahlen

Ist das RKI ein Rechenzentrum, eine Mathe-Uni, ein Informatik-Pool?

Nein.

Dann kann man ihm eigentlich auch nicht vorwerfen, dass die täglichen Fallzahlen für Deutschland so sehr von den offiziellen Zahlen der Landesgesundheitsämter abweichen, oder?

Eigentlich nicht.

Wenn da nicht der Informationsauftrag an die BürgerInnen wäre.

Ja, und wenn es nicht Vorbedingung für die Auswertung der Zahlen wäre, korrekte Zahlen zu haben...

Bleibt die Frage: haben sie die korrekten Fallzahlen der COVID19-Erkrankten und geben sie auf ihren Pressekonferenzen nicht preis oder haben sie die korrekten Zahlen nicht?

In beiden Fällen wäre das nicht nur defizitär, sondern auch bedenklich.

 

Vor dem 17.3. kündigte das RKI an, es werde bald nur noch die ELEKTRONISCH übermittelten bekanntgeben.

Zu diesem Zeitpunkt stiegen die täglichen Fallzahlen bedenklich und ich hatte bereits andere Recherchequellen im Netz und deren Fallzahlen beständig abgeglichen. Heißt: die Diskrepanz zwischen den RKI-Zahlen und den Zahlen der Quellen, die sich bei den Gesundheitsämtern bedienten, wurde täglich größer.

Und damit sind wir schon beim Kern des Problems:

Das RKI WARTET auf die Zahlen, die von den Gesundheitsämtern übermittelt werden und zählt NUR DIE ELEKTRONISCH übermittelten Fälle. Das RKI ist PASSIV. 

Die anderen Quellen im Netz (z.B. die Johns-Hopkins-Universität) SUCHEN die Zahlen auf den behördlichen Seiten der Landkreise und deren Gesundheitsämter. Die anderen Quellen sind AKTIV.

Und dieser Unterschied macht u.U. bis zu 5.000 infizierte Menschen pro Tag aus. Oder mehr als 50 Tote.

Das ist keine Kleinigkeit.

Das ist - wenn man eine offizielle Behörde ist, die der Aufklärung der BürgerInnen dienen muss - nicht vertrauensbildend.

Das ist bestenfalls nur skandalös und schlimmstenfalls zieht das RKI aus den falschen Zahlen eben auch die falschen Schlüsse.

Und mit diesen falschen Schlussfolgerungen berät es die Bundesregierung.

Ausmaß des Problems erkannt?

Gut.

Denn genau das ist schon geschehen, das mit den "falschen Schlussfolgerungen", als nämlich RKI-Chef Lothar Wieler nach dem ersten Shutdown-Wochenende bereits "Anlass zur Hoffnung" sah.

Wäre ja schön gewesen, aber es waren halt nur die falschen Zahlen. Allen, die die Entwicklung der Fallzahlen aktiv verfolgt hatten, war klar, dass diese Entwarnung zur Unzeit kam und jeder Grundlage entbehrte.

Die Autorin sieht sich die Dinge gern von allen Seiten an...

Es geht hier nicht um bloße Statistik, um Zahlen um der Zahlen willen. Im Gegenteil. Die Fallzahlen führen unmittelbar zu politischen Entscheidungen wie Kontakt- und Ausgangssperren.

Deshalb ist eine Modifikation der Zahlen ein Politikum, ebenso der Zeitpunkt der Veröffentlichung.

Aber der Bürger verkraftet die Wahrheit nicht nur, er hat auch ein Recht darauf.

Erst recht, wenn man politische Maßnahmen ergreift, bei denen man die Mithilfe aller BürgerInnen braucht, MUSS Vertrauen herrschen. Damit man die politischen Entscheidungen nachvollziehen und vor allem mittragen kann.

 

Und an dieser Stelle kommt das RKI ins Spiel, denn es ist eine staatliche Behörde. Damit in der Pflicht, korrekt und zeitnah zu informieren. 

Und das hat bisher leider nicht funktioniert. Wobei ich nicht einmal an die Fehleinschätzung des RKI übers Coronavirus im Januar und Februar 2020 erinnern möchte. Nein, die Fallzahlen-Statistik allein reicht schon fürs "Daumenrunter".

 

Aber es geht mir an dieser Stelle nicht nur um die Empörung der BürgerInnen, sondern um die längst überfällige Abmahnung dieser Informationspolitik. 

Damit sich etwas ändert.

Schnell. Sehr schnell.

Denn es geht um uns, um unser Land, um unsere Zukunft. Um unsere Demokratie.

Die Macht geht vom Volke aus.

Bitte nicht vergessen: Wir sind die Arbeitgeber des RKI. Keine Bittsteller.


Anmerkung: Zu der Problematik habe ich unzählige Tweets geschrieben, teils direkt ans #RKI gerichtet. Ich habe sogar die Redaktionskollegen von #tagesschau, #NDR und Ndr-investigativ angeschrieben. Eine direkte Antwort kam nicht, aber die Tagesschau fühlte sich bemüht, einen Artikel zu verfassen, der beide Fallzahlenmodelle (RKI und Johns-Hopkins-University) als richtig erklärte. Das fand ich beinahe niedlich...

Gut ist aber, dass sowohl Tagesschau als auch NDR mittlerweile beide Quellen auch in der Öffentlichkeit nennen.

 

Und das RKI setzt mittlerweile unter ihre (nicht aktuellen) Zahlen den Hinweis: welche Gesundheitsämter nicht rechtzeitig ihre Daten eingegeben haben. - Sorry, aber... das ist kein "Schwarzer-Peter-Spiel"! Es geht hier nicht darum, warum die Zahlen falsch sind, wer Schuld hat ... es geht um die INFORMATIONSPFLICHT RICHTIGER, AKTUELLER ZAHLEN an die BürgerInnen!