Algenlied II

oder MSV

Dort drüben, wo die Wellen brechen

weil ihnen kotzübel wird

Zwei “H”s und ein “O” um die Wette zechen,

bis Poseidons Becher klirrt

Da sieht man 1000 Algen

um Ölteppiche balgen

 

Denn heute, da ist Schlussverkauf!

Das Meer gewährt Rabatte!

Bei zwei Teppichen gibt´s einen drauf,

oder eine Hängematte

(die hat man flugs am Strand geklaut,

bei Menschen, die auf Sand gebaut)

 

“Ich nehme drei!”, “Was kosten zehn?”

Die Algen sind nicht zu halten

Was die Teppichhändler zufrieden sehn,

die früher als Gauner galten,

doch heut als ehrenwerte Zunft

dank der Menschen Unvernunft

 

Die Algen überbieten sich,

manche sind dem Kaufrausch verfallen

Sie handeln und feilschen meisterlich

um jeden Ölteppichballen

Denn ist das Meer im Eimer,

freuen sich die Schleimer

 

Sprechen wir Menschen von Umweltschutz

hört man sie nur dreckig lachen

Sie wissen, die Herrn über Gift und Schmutz

wollen reden, aber nichts machen

Und baumeln wir erst am eigenen Galgen,

erobern die Welt die Algen

 

SIE sind der Schöpfung Krone

WIR haben es nur geglaubt

Es kümmert sie nicht die Bohne,

welchen Arten wir was geraubt,

Denn sie werden triumphieren:

Die Algen und vermutlich die Viren

 

Und das Meer setzt noch einen oben drauf:

Demnächst ist Menschheits-Schlussverkauf!

 

© 2000, S.Strohschen, Germany

Es sprach der Handtuchhalter:

»Mir reicht 's, ich geh in Pension!«

- »Was denn, in deinem Alter?«

aber da lag das Handtuch schon

 

Wenn Handtuchhalter kündigen

hat die Sache einen Haken

denn es wollen sie hängen sehn

die Menschen und die Laken

© 1999, S.Strohschen, Germany

Wartezimmer I

An einem Wartezimmer hing

ein kleiner, bunter Garten

Derweil es draußen zu blühen anfing

musste das Zimmer wanten

 

»Hätte ich doch nur Wohn geheißen«,

sinnierte es, »oder Schlaf '"

Doch es erging ihm wie den meisten,

die ein schweres Schicksal traf

 

Als wär es des Unglücks nicht genug

fragte ihn jüngst der Garten:

»Grenzt es nicht an Selbstbetrug

tagein, tagaus zu warten?

 

Kennst du nicht des Narren Los,

der am Flussufer gelauert

wann endlich der letzte Tropfen floss?

Mann, hab ich den Typen bedauert.«

 

Der Garten nahm seinen Mund sehr voll

für ein Stückchen Land gen Norden

Als tags darauf die Sirene erscholl

ist er zu Bauland geworden

 

Auf Gartengrund baute Stein auf Stein

der Hausherr ein neues Zimmer:

ein Sprechzimmer sollte es sein

- das machte alles noch schlimmer

 

Nun sprach es ohne Unterlass

in ihm beugten sich Wahrheit und Knie

denn in Sprechzimmern wächst zwar kein Gras

doch es blüht die Fantasie

 

Dies schrieb ich in einem Zimmer

mit dem Namen "Warten"

Und woran ich mich gern erinner:

früher war nebenan ein Garten

 

© 1999, S.Strohschen, Germany

Wer impft, gehört beschimpft

Auch Bakterien

brauchen mal Ferien

ihnen liegt im Blute

die letzte Minute

oder last minute, wie' s heute heißt

wenn man gern billig und weit verreist

 

Und gehn die Viren

auf allen Vieren

hilft nur noch reisen

aller Arten und Weisen

Leider immer als blinder Passagier

(die Armen können nichts dafür)

 

Drum denkt beim Urlaubvorbereiten

auch mal an diese Minderheiten:

Könnt ihr euch jetzt noch impfen

ohne geizig euch zu schimpfen?

Globales Denken unserer Zeit

beginnt bei der Mitfahrgelegenheit

 

© 1999, S.Strohschen, Germany


Ansichtssache

Es lag ein dünner Kuli

quer über einem Gully

»Ich bin so klein und schmal,

ein Wunder, daß ich nicht fall!«

 

Er glaubte an Gerechtigkeit

für Kugelschreiber, kurze Zeit

sogar an eine höh´re Macht,

die ihn in Querlage gebracht

 

Da kam ein kleiner Wirbelwind

und fegte Glauben samt Kuli-Kind

zehn Meter tief hinunter

- seither glaubt der Gully an Wunder

 

© 1999, S.Strohschen, Germany

Der Franz von nebenan

Nenn mich einfach Franz,

nicht Luzifer, nicht BeIzebub,

mit Franz erlebst du ganz

einfach den Vertrauensschub

 

Man gab so böse Namen

meinem Naturell

Passabel für tragische Dramen

und Kostüme mit Hörnern und Fell

 

Doch meine Alltagsgeschäfte

behindern diese Titel

so besinn ich mich auf meine Kräfte

und heilige mit dem Zweck die Mittel

 

Ich nenn mich ab sofort

so wie du, wie er, wie jeder

und reise an jedweden Ort

- zu dir komme ich später

 

Und sag: »Hallo, Heinz-Hermann ,

- ein "Grüß-Gott" musst mir ersparen -

ich bin's, der Franz von nebenan

mit Hörnern, Huf und Haaren.

 

Lass uns die Sau rauslassen,

ein bisschen fremdgehen und lügen

und sie dafür nachher einfach hassen

Wird das ein Vergnügen!

 

Bereuen brauchst du bei mir nicht

auch nicht um Vergebung bitten

Dafür bleibt Zeit beim Jüngsten Gericht,

also: nichts wie ran an die Titten!«

 

Siehst du, war doch gar nicht schwer

und um Ausreden nicht verlegen

sagst du: »Schuld war der Franz, bittesehr!«

Und ich sage nur: »Von wegen!

 

Von Schuld kann keine Rede sein,

ich hab nur aufgeweckt,

was in deinem Herzelein

an Franz-Sein in dir steckt.«

 

Ich bin am Ende immer fein raus

- das solltest du dir merken.

Als strengster Prüfer in Gottes Haus

djene ich ihm, nicht den Werken!

 

Ich ziehe leidllglich Bilanz

über deine Worte und Taten

Denn ich bin zwar dein Kumpel Franz

doch du mein Satansbraten!

 

© 2000 S. Strohschen, Germany

Anmerkung: bei öffentlichen Lesungen gab es hierzu einen gesungenen Refrain:

Nenn mich ganz

einfach Franz

Trotz Hörnern und Huf,

bin ich besser als mein Ruf!


Obige Auswahl ist als "Appetizer" fürs Buch zu verstehen und unterliegt selbstverständlich jedwedem Copyright.

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